Stolpersteine

Johann Schaudig

(1905–1943)

Müllergäßchen 3

Im Müllergäßchen 3 erinnert ein Stolperstein an den politischen Widerstandskämpfer Johann Schaudig.

Johann Schaudig wurde am 16.07.1905 in Lindenberg im Allgäu geboren. Er stammte aus einer Zimmermannsfamilie und war von Beruf Schriftsetzer. Ab 1912 waren er und seine Familie in Kaufbeuren sesshaft. Nach seiner Ausbildung in Kaufbeuren in einer Zeitungsdruckerei ging er auf Wanderschaft in ganz Deutschland, und kehrte 1929 wieder zurück. Allerdings fand er in Kaufbeuren in seinem Beruf keine Arbeit und verrichtete in den Folgejahren nur noch Gelegenheitsarbeiten als Vertreter, beim Straßenbau und als Hilfsarbeiter. Er trat im gleichen Jahr der KPD bei und engagierte sich bei der „Roten Hilfe“, die sich der Unterstützung in Haft befindlicher Parteifreunde verschrieben hatte. Zudem war er Vorsitzender eines „Erwerbslosen-ausschusses“, in dem er die Interessen der vielen Arbeitslosen in Kaufbeuren vertrat. Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geriet Johann Schaudig wegen seiner politischen Haltung in das Visier der Nationalsozialisten und wurde in sogenannte „Schutzhaft“ genommen. Er war, wie eine Reihe anderer Kaufbeurer Kommunisten, schon früh als Gegner der Nazis aufgetreten, beispielsweise im Januar 1933 bei einer Protestkundgebung gegen die Nationalsozialisten vor dem Rathaus in Kaufbeuren. Vom 10.03.1933 bis zum 31.08.1934 – also fast eineinhalb Jahre –  war er als politischer Gegner der Nazis im KZ Dachau gefangen.

Nach seiner Freilassung nahm er trotz des hohen Risikos die politische Arbeit wieder auf, suchte die Verbindung zu Kommunisten in München und Kaufbeuren und tauschte mit ihnen politische Schriften aus. Zwischen 1933 und 1936 hatten sich in Schwaben Widerstandszellen gegen das NS-Regime gebildet. In Kaufbeuren fand sich für die im Untergrund agierende KPD eine größere Gruppe von Kämpfern zusammen. Die Widerstandskämpfer arbeiteten daran, neue Mitstreiter zu gewinnen und knüpften Kontakte in umliegenden Städten wie Peiting, Peißenberg, Schongau, Memmingen, Mindelheim und Obergünzburg. Da die Parteiführung der KPD in München , mit denen die Gruppen in Kontakt standen, von einem Spitzel der Gestapo unterwandert war, konnten die Mitglieder des kommunistischen Widerstands in einer groß angelegten Verhaftungswelle gestellt werden. Bis Sommer 1936 wurden in Kaufbeuren 17 Personen des kommunistischen Widerstands verhaftet und im November 1937 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Unter ihnen war Johann Schaudig.

Durch eine Strafanzeige aus seinem unmittelbaren Umfeld wurde er am 19. März 1936 verhaftet. Als Folge seiner Verhaftung, begannen die Ermittlungen gegen die illegalen Tätigkeiten der kommunistischen Widerstandszellen im südbayerischen Raum. Mit den anderen Mitgliedern der illegalen Kaufbeurer Ortsgruppe der KPD wurde Johann Schaudig angeklagt wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“.  Die Zeit bis zur Gerichtsverhandlung im November 1937 verbrachte er in Untersuchungshaft in München-Stadelheim, wo er wie alle Angeklagten zahllose Verhöre durch die Gestapo über sich ergehen lassen musste. Im Prozess wurde Johann Schaudig zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, die er mehrheitlich im Zuchthaus Kaisheim bei Donauwörth verbüßte. Nach Ende der Haftzeit wurde er nicht freigelassen, sondern kam ab 7.12.1940 in das KZ-Außenlager Dachau in Bad Tölz, das in der dortigen SS-Junkerschule untergebracht war. Während in den oberen, luxuriös ausgestatteten Gebäudeteilen, die Offiziersausbildung der Waffen-SS stattfand, mussten die Häftlinge im zweiten Untergeschoss unter kärglichen Lebensbedingungen im tiefen Keller hausen. Eingesetzt wurden die Häftlinge für Aufholzarbeiten oder die Elektrifizierung eines Übungsplatzes. Am 21.4.1943 beging Johann Schaudig, nach mehr als sieben Jahren Haft im KZ-Außenlager Bad Tölz Selbstmord. Er wurde nur 37 Jahre alt.

Fotografie: Staatsarchiv Augsburg, JVA Kaisheim Gefangenenakte 6235

Weiterführende Literatur: Wolfgang Kunz, Widerstand und Verfolgung in Kaufbeuren (1933 bis 1945). In: Stefan Dieter (Hrsg.), Kaufbeuren unterm Hakenkreuz, Kaufbeurer Schriftenreihe 14, Thalhofen 2015, S. 210–234.

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