In der Ludwigstraße 45 erinnert ein Stolperstein an den politischen Widerstandskämpfer Stefan Juli.
Zwischen 1933 und 1936 hatten sich in ganz Schwaben Widerstandszellen gegen das NS-Regime gebildet. In Kaufbeuren gab es zwei Gruppen, die mit der SPD und der KPD sympathisierten. Die Widerstandskämpfer arbeiteten daran, neue Mitstreiter zu gewinnen und knüpften Kontakte in umliegenden Städten wie Peiting, Peißenberg, Schongau, Memmingen, Mindelheim und Obergünzburg, aber auch bis in die Schweiz.
Die unterschiedlichen Kreise der SPD und KPD wurden jedoch von der Gestapo aufgedeckt. Bis Sommer 1936 wurden in Kaufbeuren 17 Personen des kommunistischen Widerstands verhaftet, sowie 11 Personen, die der SPD nahestanden. Sie alle wurden im November 1937 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ am Münchner Oberlandesgericht angeklagt. Unter ihnen befand sich der Kaufbeurer Stefan Juli.
Stefan Juli wurde am 27.11.1903 in Mauerstetten geboren und war ein gelernter Maurer. Nach dem Abschluss seiner Lehrzeit war er vom Februar 1923 bis zum Oktober 1924 auf Wanderschaft und war bei verschiedenen Firmen tätig, vorwiegend in Österreich. Ab 1925 ließ er sich in Kaufbeuren nieder und arbeitete als Maurer. 1924 trat er der SPD bei und war Mitglied bis die Partei 1933 verboten wurde. Des Weiteren war er Mitglied der SPD-nahen Vereinigung „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“, die sich 1924 zum Schutz der Republik vor rechtsextremen Verbänden gegründet hatte. Er war seit 1930 verheiratet, seine Frau hatte ein Kind in die Ehe mitgebracht.
Am 28.05.1936 wurde er verhaftet und zusammen mit weiteren Kaufbeurer Widerständlern wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Unter den Verhafteten befand sich auch sein Bruder Josef Juli, der in Mauerstetten lebte. Bis zur Gerichtsverhandlung war er zunächst in Polizeihaft, ab November 1936 in Untersuchungshaft im Gefängnis in München Stadelheim.
Stefan Juli wurde vorgeworfen, er habe im Herbst 1934 von einem ebenfalls angeklagten Kaufbeurer zwei verbotene Schriften erhalten. Bei den Schriften handelte es sich um die Exilschrift der emigrierten SPD, die „Sozialistische Aktion“, und einen Zeitungsauschnitt über den Röhm-Putsch von 1934, der eine Hitler-Karikatur zeigte. Den Zeitungsausschnitt soll Stefan Juli an den ebenfalls beschuldigten Johann Schaudig (Stolperstein Müllergäßchen 3) im Dezember 1934 übergeben haben. Außerdem wurde Stefan Juli vorgeworfen, er habe Geld an die Ehefrau eines Bekannten gegeben, der sich wegen seiner kommunistischer Gesinnung in „Schutzhaft“ im KZ Dachau befand. Die Anklage gegen Stefan Juli wurde am 19.08.1937 fallen gelassen, da nur in einem Fall der Besitz der verbotenen Schriftstücke nachweisbar war. Die übrigen Vorwürfe aus der Anklageschrift ließen sich vor Gericht nicht erhärten.
Trotz des Freispruchs kam Stefan Juli jedoch nicht frei, vielmehr brachte man ihn in das Konzentrationslager Dachau, wo er vom 1.09.1937 bis zum 20.04.1939 inhaftiert blieb. Seine Familie und er standen in dieser Zeit unter Beobachtung der Gestapo, was ein Briefwechsel zwischen der Stadtverwaltung und der Gestapo belegt. Da er als „politisch unzuverlässig“ galt, wurde Stefan Juli sein Kraftfahrzeugschein entzogen.
Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete Stefan Juli als Lagerverwalter bei der Stadt Kaufbeuren und später als Hausmeister im Kaufbeurer Arbeitsamt. Außerdem wurde Stefan 1945 zum Vorsitzenden der SPD gewählt und gehörte von 1946 bis 1952 dem Kaufbeurer Stadtrat an. Er verstarb am 27.10.1971.
Fotografie: Stadtarchiv Kaufbeuren, „T 11/Juli, Stefan (*27.11.1903)“.
Weiterführende Literatur: Wolfgang Kunz, Widerstand und Verfolgung in Kaufbeuren (1933 bis 1945). In: Stefan Dieter (Hrsg.), Kaufbeuren unterm Hakenkreuz, Kaufbeurer Schriftenreihe 14, Thalhofen 2015, S. 210–234.
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